Scheinbar widersprüchliche Pensionskassen

Die Renditezahlen der Schweizer Pensionskassen waren im 2012 gut. Im Schnitt dürften die Kassen eine Rendite von rund 7% – 9% erzielt haben. Wie erklärt sich dann der tiefe Mindestzinssatz von 1.5%. Und wie rechtfertigt sich der jüngst angekündigte Schritt der grossen Pensionskasse des Bundes, der Publica (45‘000 Rentner, 58‘000 aktive Erwerbstätige), den Umwandlungssatz auf 5.65% (von bisher 6.15%) und den technischen Zinssatz auf 2.75% (bisher 3.5%) zu senken? Um das zu verstehen braucht es eine vertiefte Einsicht in das Funktionieren einer Pensionskasse.

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Das Wichtigste gleich zu Beginn: Eine Pensionskasse ist eine langfristige Angelegenheit. Da werden Anlagen mit sehr langfristigem Anlagehorizont (mehrere Jahrzehnte) angelegt und die künftigen Verpflichtungen müssen bis ans theoretische Lebensende der Versicherten berechnet werden. Eine gute Jahresperformance ist zwar erfreulich und verbessert den Deckungsbeitrag, ist aber langfristig gesehen nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Entscheidend ist die langfristige Rendite. Dass derzeit hier und dort der technische Zinssatz und Umwandlungssatz gesenkt werden deutet darauf hin, dass die künftigen Renditeerwartungen am Sinken sind.

Der technische Zinssatz

Was hat der technische Zinssatz für eine Bedeutung und wie wird dieser berechnet?

Der technische Zinssatz ist eine angenommene rechnerische Grösse. Mit diesem Zins werden die künftigen Leistungen und Beiträge einer Pensionskasse abdiskontiert. Da wie bereits gesagt die Pensionskassen mit sehr langen Zeiträumen rechnen, hat der technische Zinssatz einen grossen Einfluss auf:

  • Vorsorgekapital Rentner

  • Umwandlungssatz

  • Sollrendite

  • Risikobeitrag

  • Austrittsleistung, Einkaufssummen und Beiträge in Leistungsprimatplänen

Aus der Schule wissen wir noch: je tiefer der Abdiskontierungssatz, desto höher das Kapital und vice versa. Als einfache Faustregel ergibt eine Reduktion des technischen Zinssatzes um 0.5%-punkte eine Erhöhung des Vorsorgekapitals Rentner um 5% und eine Reduktion des Umwandlungssatzes um 0.35%-punkte. Der Umwandlungssatz gibt an, zu welchem Satz das in der Pensionskasse angesparte Altersguthaben in eine Rente gewandelt wird. Bei einem Altersguthaben von CHF 1‘000‘000 ergibt sich bei einem um 0.35% tieferen Umwandlungssatz eine Renteneinbusse von CHF 3‘500 pro Jahr.

Die Schweizerische Kammer der Pensionskassen-Experten hat eine Fachrichtlinie zum technischen Zinssatz erlassen. Diese Richtlinie definiert den technischen Referenzzinssatz, auf dessen Grundlage der Experte für berufliche Vorsorge dem obersten Organ der Pensionskasse seine Empfehlung für den technischen Zinssatz abgibt. Der technische Referenzzinssatz wird folgendermassen berechnet:

2/3 x durchschnittliche Performance der letzten 20 Jahre in%

+ 1/3 x Rendite für 10-jährige Bundesanleihen in %

– 0.5%

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Die durchschnittliche Performance der letzten 20 Jahre beruht auf dem Pictet Fonds „BVG-Index 2005 BVG-25 plus“. Die Berücksichtigung dieser Performance zusammen mit der Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe als risikofreier Ansatz soll die langfristige Ausrichtung der beruflichen Vorsorge widerspiegeln. Der Abzug von 0.5% entspricht einer Sicherheitsmarge.

Aktuell beträgt der technische Referenzzinssatz 3.5%. Die Kammer der Pensionskassen-Experte geht davon aus, dass der Referenzzinssatz mittelfristig unter 3% sinken wird.

Wenn nun die Publica den technischen Zinssatz auf 2.75% senkt, steigt das Vorsorgekapital Rentner (Verpflichtung) und der Deckungsgrad fällt. Weshalb ist das vorteilhaft?

  • Liegt die künftige Performance über dem tieferen technischen Zinssatz, wird sich die finanzielle Lage (Deckungsgrad) der Pensionskasse stetig verbessern.

  • Das kann der Pensionskasse künftig erlauben, die Verzinsung der aktiven Versicherten zu erhöhen und damit die Gleichbehandlung zwischen aktiven Versicherten und Rentnern herzustellen. Denn die Guthaben der aktiv Versicherten müssen derzeit nur mit 1.5% Mindestzins verzinst werden.

  • Zudem trägt der tiefere Umwandlungssatz auch dazu bei, die Pensionskasse langfristig auf finanziell stabile Beine zu stellen.

Fazit

Es wird ersichtlich, dass die unscheinbaren Veränderungen bei den Pensionskassen und manchmal sehr nebulös anmutenden Pressemitteilungen zu Zins- und Umwandlungssätzen doch ganz erhebliche Auswirkungen auf künftige Leistungen der PK haben. Es geht dabei immer auch um die Verteilung der Lasten zwischen aktiv Versicherten und Rentnern. Zur Finanzierung der Kosten für die Senkung des technischen Zinses bei der Publica müssen die Arbeitgeber allein für die 45’000 Rentner CHF 1,5 Mrd. zurückstellen.

Auf Grund des anhaltend tiefen Zinsniveaus ist zudem weiterhin davon auszugehen, dass die technischen Zinssätze und Umwandlungssätze gesenkt werden. Die Massnahme der Publica hat hier sicherlich auch Signalwirkung.

Artikel zum Thema:

http://www.nzz.ch/nzzas/nzz-am-sonntag/publica-senkung-des-zinsfusses-kostet-milliarden-1.17907165

http://www.nzz.ch/finanzen/uebersicht/boersen_und_maerkte/geld-flut-beguenstigt-schweizer-pensionskassen-1.17909967

http://www.news.admin.ch/message/index.html?lang=de&msg-id=47262

4 Kommentare zu “Scheinbar widersprüchliche Pensionskassen

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